Historischer Rückblick aus dem Jahr 1966

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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August 1966

August

2.8.1966: Das Geheimnis der 900 Schilling

"Es kommt wohl nur sehr selten vor, dass sich Beamte der Wiener Verkehrsbetriebe als Detektive betätigen. Das liegt ja schließlich auch etwas außerhalb ihres Tätigkeitsbereiches. Wenn sie es aber einmal tun, dann kann man sicher sein, dass sie zu Erkenntnissen gelangen, deren Aufspürung weder dem ominösen Superagenten 007 noch den übrigen Doppelnullen seines Schlages jemals geglückt ist. Jetzt zum Beispiel haben die wackeren Beamten bei der Aufdeckung eines wahrhaft mysteriösen Falles den lebenden Beweis für die Richtigkeit der Behauptung gefunden, dass unsere Jugend doch besser ist als ihr Ruf. Das Amtsblatt "Stadt Wien" berichtet darüber:

In der Rechtsabteilung der Wiener Verkehrsbetriebe langte vor kurzem eine Postanweisung über 900 Schilling ein, aufgegeben von einem zunächst unbekannten Spender. Nun ist es wohl in weiten Kreisen der Bevölkerung bekannt, dass die Straßenbahn ständig unter Geldmangel zu leiden hat, doch war es bis dato noch nicht vorgekommen, dass irgendjemand deswegen in die Tasche gegriffen und den Betrieben eine "Unterstützung" bezahlt hätte. Das blieb bisher der öffentlichen Hand vorbehalten.

Im Falle der 900 Schilling war man daher zuerst verblüfft und ratlos. Denn der Unbekannte hatte weder einen Zweck der Spende angegeben noch seine genaue Anschrift hinterlassen. Da die Leute bei den Verkehrsbetrieben aber nicht nur von Amtswegen sehr genau sind, sondern überdies gewohnt, jeder Sache auf den Grund zu gehen, bemühten sie sich, das "Geheimnis der 900 Schilling" zu lüften. Und es gelang ihnen:

Ein ehemaliger Hochschüler, der nunmehr sein Studium beendet hat, Franz B. aus einer südlichen Randgemeinde von Wien, hatte in seiner Studienzeit die Bestimmungen der Verkehrsbetriebe des öfteren übertreten, indem er, wann immer es ihn gelüstete, mit einer nicht ihm gehörenden Streckenkarte die Straßenbahn frequentiert. Die Zeit des Studiums verging, und der junge Mann durfte eines Tages die Sponsionsformel sprechen, in der es unter anderem heißt:"... und werde ich dem akademischen Stand immer Ehre einlegen". Das ging Franz B. tief ins Gemüt. Er beschloss, nicht nur künftighin im Sinne seiner Ausbildung vorbildlich zu sein, sondern auch für getane Sünden Buße zu tun. Mit 900 Schilling an die Wiener Verkehrsbetriebe wusch er sich für seine Schwarzfahrerei rein.

Da die Zeit für eine Ahndung einer strafbaren Handlung bereits verstrichen war und außerdem "tätige Reue" vorlag, nahm man bei den Verkehrsbetrieben die Wiedergutmachung und das Eingeständnis der Übeltaten mit einem lachenden und einem weinenden Auge zur Kenntnis. Wenn der Schwarzfahrer erwischt worden wäre, hätte er jedes Mal 30 Schilling zu bezahlen gehabt. Selbst wenn Franz B. mehr als 30mal gesündigt hätte, so gilt auch für die Stadtwerke in diesem Fall das Bibelwort: Es herrscht "mehr Freude über einen Sünder, der Buße tut, denn über 99 Gerechte ..."

4.8.1966: Botschafterin Dr. Nestor bei Bürgermeister Marek

Botschafter Dr. Johanna Nestor, die zum neuen österreichischen Missionschef in New Delhi ernannt wurde und im Oktober Botschafter Dr. Schlumberger auf diesem Posten ablösen wird, traf heute im Wiener Rathaus Bürgermeister Marek.

Dr. Nestor, die bisher in der Sektion IV des Bundeskanzleramtes und früher als österreichischer Generalkonsul in New York tätig war, wird neben der österreichischen Botschafterin Brüssel, Dr. Mondschein, der zweite weibliche Missionschef unseres Landes sein.

5.8.1966: 50. Geburtstag von Rudolf Hoflehner

Am 8. August vollendet der Bildhauer Professor Rudolf Hoflehner das 50. Lebensjahr.

Er wurde in Linz geboren, wo er die Staatsgewerbeschule absolvierte. In Wien besuchte er die Technische Hochschule und die Akademie der bildenden Künste. Seit 1951 betätigt er sich als Freischaffender hauptsächlich auf dem Gebiet der Metallplastik. Als Material bevorzugt er Eisen und Stahl. Weite Reisen führten ihn in die Schweiz, Italien, Griechenland, Kreta, Frankreich. Seither wandte sich sein Interesse ausschließlich der menschlichen Gestalt zu. Rudolf Hoflehner beteiligte sich an zahlreichen Ausstellungen des In- und Auslandes und erhielt verschiedene Anerkennungspreise. 1959 wurde ihm der Preis der Stadt Wien für Bildhauerei verliehen.

6.8.1966: Bundesheer hilft Stadtforstamt beim Seilbahnbau

Das Bundesheer, genau gesagt die Pioniere, haben der Stadt Wien schon öfter geholfen, Brücken zu schlagen. die Brücke, um die es diesmal geht, ist allerdings besonderer Art: sie soll in Form einer Seilbahn entstehen, die Berg und Tal verbindet. Nutznießer dieses Bundesheereinsatzes wird diesmal das Stadtforstamt sein.

Auf dem Kuhschneeberg, im Einzugsbereich der I. Hochquellenleitung in der Forstverwaltung Nassfeld, dem Hochschneeberg vorgelagert, sind im vergangenen Winter umfangreiche Wind- und Schneebrüche in den Gehölzen entstanden. Die Arbeiter des Stadtforstamtes haben das Holz bereits aufgearbeitet, und nun liegen 2.500 Festmeter auf dem 1.600 Meter hohen Plateau des Berges, das ringsum von Steilwänden abgeschlossen ist. Aufgrund der Quellschutzbestimmungen - dieser Forst liegt ja im Quellschutzgebiet - darf aber das Holz nicht mit Fahrzeugen ins Tal gebracht werden. Das Stadtforstamt brauchte daher Materialseilbahnen zum Abtransport.

Hier springt nun die Pioniertruppenschule Klosterneuburg helfend ein, diese Hilfe gleichzeitig mit einer ausgedehnten Truppenübung verbindend. Nächste Woche beginnt die "Aktion Seilbahn", die ungefähr 14 Tage dauern wird. Zwei Materialseilbahnen sollen errichtet werden: eine zwei Kilometer lange am Südhang des Berges und eine 900 Meter lange am Nordhang. Das Bundesheer wird auch Hubschrauber einsetzen, die die Stützen für die Seilbahn an Ort und Stelle fliegen werden.

10.8.1966: 65. Geburtstag von Oskar Homolka

Am 12. August vollendet der Schauspieler Oskar Homolka das 65. Lebensjahr.

Er wurde in Wien geboren und studierte an der Akademie für Musik und darstellende Kunst. Nach Engagements in Ödenburg, Salzburg und München holte ihn Rudolf Beer an das Deutsche Volkstheater, wo er sich zu einem bedeutenden Charakterdarsteller entwickelte. Anschließend verpflichtete ihn Max Reinhardt an das Theater in der Josefstadt und an das Deutsche Theater in Berlin. 1934 ging Oskar Homolka nach England, 1937 nach Amerika. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er wieder nach Europa zurück und trat auch mehrmals in Österreich und zwar bei den Salzburger Festspielen sowie im Burgtheater auf. Ein Weltstar ist Homolka als Filmschauspieler geworden. Er spielte schon mit Asta Nielsen in dem damals berühmten Streifen "Dirnentragödie". Seine größte Zeit kam aber erst mit dem Tonfilm, in dem er unzählige Rollen meisterlich verkörperte. Die eindrucksvollste künstlerische Leistung der letzten Jahre war die Rolle des Kutusow in der Monsterverfilmung von Tolstois "Krieg und Frieden".

10.8.1966: Antrittsbesuch des peruanischen Botschafters

Der neue peruanische Botschafter in Wien, Manuel Mujica Gallo, stattete heute Bürgermeister Marek im Rathaus seinen Antrittsbesuch ab.

17.8.1966: 80. Geburtstag von Robert Heger

Am 19. August vollendet der Dirigent und Komponist Staatskapellmeister Prof. Robert Heger das 80. Lebensjahr.

Er wurde in Straßburg geboren, wo er am Konservatorium das Musikstudium begann. Dieses setzte er in Zürich fort und schloss es in München ab. 1908 begann seine Laufbahn am Stadttheater in Ulm. 1911 kam Heger zum ersten Mal nach Wien und war unter der Direktion Rainer Simons zwei Jahre an der Volksoper tätig. 1926 kehrte er neuerlich für sieben Jahre nach Wien zurück und war Dirigent in der Staatsoper sowie Konzertdirektor der Gesellschaft der Musikfreunde. Seither gastierte er nur noch selten in Wien.

17.8.1966: Antrittsbesuch des norwegischen Botschafters

Der norwegische Botschafter in Wien, M. Thor Brodtkorb, stattete heute Bürgermeister Bruno Marek seinen Antrittsbesuch ab. Wiens Stadtoberhaupt benützte diese Gelegenheit um mit dem Diplomaten Detailfragen im Hinblick auf den geplanten Staatsbesuch des norwegischen Königs Olav V. in Wien zu besprechen. Die Österreicher, so Marek, seien mit Norwegen schon deshalb besonders verbunden, weil sie von diesem Land nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg wertvolle Hilfe erfahren haben.

20.8.1966: Bürgermeister Marek besuchte Wiener Katzenheim

Bürgermeister Marek besuchte das "Wiener Katzenheim" in der Freudenau. Diese Zufluchtsstätte für alle Katzen wurde von einem Verein ins Leben gerufen, der sich der zahlreichen herrenlosen und streunenden Katzen Wiens anzunehmen beschloss. Präsident ist Kammerschauspieler Richard Eybner. Derzeit leben 300 Katzen in dieser Unterkunft.

20.8.1966: Sprengstoffanschlag auf das Büro der ALITALIA

Ein Sprengstoffanschlag auf das Büro der ALITALIA richtet erheblichen Sachschaden an.

21.8.1966: Bürgermeister Marek nimmt Stellung zum Anschlag auf Alitalia

Zu dem Bombenanschlag auf das Büro der italienischen Fluggesellschaft "Alitalia" gab Bürgermeister Bruno Marek heute folgende Stellungnahme ab, die er auch dem italienischen Botschafter in Wien übermittelte:

"Als Bürgermeister der Bundeshauptstadt Wien verurteile ich schärfstens den heimtückischen Bombenanschlag auf das Wiener Büro der nationalen italienischen Fluggesellschaft, der nur durch einen glücklichen Zufall keine Opfer an Menschenleben gefordert hat. Aus einer hinter uns liegenden, unglücklichen Zeit ist uns noch in Erinnerung, dass den Terrorattentaten einer politischen Minderheit in Wien bald jener Weltbrand folgte, in dem dann Bomben auf unsere schöne Stadt fielen. Die Wiener Bevölkerung aller politischen und weltanschaulichen Richtungen lehnt die Methoden des Bombenterrors eindeutig und entschieden ab."

24.8.1966: Berliner Bäcker sangen im Rathaus

Auf Einladung des traditionsreichen Wiener Bäckergesangsvereins sind derzeit 45 Bäcker-Sänger aus Berlin in Wien zu Gast. Sie gaben heute zu Ehren des Wiener Bürgermeisters ein Ständchen im Rathaus.

25.8.1966: "Freudiges Wau-Wau: Städtische Hunde bekommen mehr Futtergeld!"

Mit einem etwas ausgefallenen Aktenstück befasste sich heute der zuständige Gemeinderatsausschuss: das Futtergeld für die städtischen Diensthunde wurde von 50 Schilling monatlich auf 110 Schilling erhöht.

Bei den städtischen Diensthunden handelt es sich nicht um beamtete Hunde, sondern um Hunde der Beamten, die diese Tiere allerdings aus dienstlichen Gründen halten. Im Stadtforstamt gibt es fünf Jagdhunde und - auf den ersten Blick überraschend - bei der städtischen Bäderverwaltung zwölf Diensthunde. Die Bäderverwaltung braucht die Tiere deshalb, um außerhalb der Saison die diversen Sommerbäder vor unerwünschten Eindringlichen schützen zu können.

26.8.1966: Wiener Delegation fährt nach Russland

Auf Einladung des Präsidenten des Moskauer Stadtsowjets fährt eine Wiener Delegation unter der Führung von Bürgermeister Bruno Marek in die Sowjetunion. Der Delegation gehören Kulturstadtrat Gertrude Sandner, Wirtschaftsstadtrat Dr. Pius Prutscher, Stadtschulratspräsident Dr. Max Neugebauer und Präsidialchef OSR Dr. Otto Kutil an. Die Reise führt nach Moskau, Leningrad und Sotschi am Schwarzen Meer.

26.8.1966: Feuerwehr-Sportplatz Stadlau eröffnet

Heute wurde eine von den Männern der Wiener städtischen Feuerwehr selbst angelegte Sportanlage bei der Feuerwache Donaustadt durch Bürgermeister Marek ihrer Bestimmung übergeben.

Die 6.000 Quadratmeter große Sportanlage wurde nicht aus Steuermitteln errichtet, sondern entstand aufgrund freiwilliger Arbeitsleistungen von Wiener Feuerwehrmännern, die sich aus Liebe zum Sport in ihrer Freizeit zur Verfügung gestellt haben. Die Anlage enthält eine 100-Meter- und eine 235-Meter-Aschenbahn, Sprunganlagen für Weit- und Hochsprung, einen Ballspiel-Rasen sowie Anlagen für Speerwurf und Kugelstoßen, die sämtlich den Normen des internationalen Leichtathlethikverbandes entsprechen.

29.8.1966: Einzige Tankerreinigungsanlage an der Donau vor Fertigstellung

Im Ölhafen Lobau wird die erste und einzige Tankerreinigungsanlage, die es an der Donau gibt, von der Stadt Wien errichtet und nach Fertigstellung der Wiener Hafenbetriebsgesellschaft übergeben. Die Arbeiten sind soweit fortgeschritten, dass der "Testlauf" für die maschinellen Anlagen noch heuer wird erfolgen können. Zu Beginn des kommenden Frühjahres soll die Anlage dann in Betrieb gehen.

Die Anlage besteht aus einem Anlegeplatz für Tankschiffe, und Waschplätzen für Tankwaggons und Tanklastkraftwagen. Die Anlegeplätze für zwei Ölschiffe sind so dimensioniert, dass auch die größten Kähne mit 3.000 Bruttoregistertonnen, wie sie nach dem Ausbau der Donau beim Eisernen Tor bald bis nach Wien werden fahren können, hier Platz finden. Der Pier hat hier Anschlüsse für Heisswasserzuleitungen und die Absaugvorrichtung. Das heiße, mit Reinigungsmitteln versetzte Wasser wird in den Laderaum der Tanker gepumpt und dann wieder abgesaugt. Ein großes Pumpwerk befördert das Schmutzwasser in die Ölabscheideanlage, wo Öl und Wasser wieder säuberlich getrennt werden. Der Ölschlamm wird gesammelt und in einem eigens dafür konstruierten Ofen verbrannt. Das gereinigte Wasser fließt ins Hafenbecken zurück. Die Waschplätze für Tankwagen und Tankwaggons - letztere sind natürlich an das Schienennetz der Österreichischen Bundesbahnen angeschlossen - sind mit den gleichen Einrichtungen ausgestattet.

29.8.1966: Bundesminister a.D. Hans Frenzel gestorben

Anlässlich des Ablebens des ehemaligen Präsidenten des Rechnungshofes, Bundesminister a.D. Dr. Hans Frenzel, sandte Bürgermeister Marek heute ein Beileidstelegramm an dessen Witwe.

(Hans Frenzel wurde am 7. September 1895 in Herzogenburg (Niederösterreich) geboren und starb am 25. August 1966 in Linz. Er war von 1945 bis 1947 Bundesminister für Volksernährung, 1947-1953 Vizepräsident und 1953 bis 1964 Präsident des Rechnungshofes. Redaktion)

31.8.1966: "Majestäten und Grenadiere im Rathaus"

Im Wiener Rathaus fand heute ein Empfang für die burgenländische Weinkönigin, Ihre Majestät Maria I., mit ihrem Gefolge, das vor allem aus einem farbenprächtigen Zug "Würzburger Grenadiere" bestand, statt. Es sind dies 13 Mädchen und 50 Burschen des Jugendmusikkorps aus Bad Kissingen. Diese Jugendkapelle, in originalgetreu kopierten Monturen der Würzburger Grenadiere aus dem Jahre 1812 gekleidet, ist heuer bereits zum zweiten Mal zu Gast bei der Burgenländischen Weinwoche.