Historischer Rückblick aus dem Jahr 1968

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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Dezember 1968

Dezember

2.12.1968: Neuer niederländischer Botschafter bei Bürgermeister Marek

Der neue Botschafter der Niederlande, Baron van Boetelaer, stattete heute Bürgermeister Marek im Rathaus seinen Antrittsbesuch ab.

2.12.1968: Zehntausendstes Eislaufkind in der Donauparkhalle

Die von der Stadt Wien Anfang November gestartete Aktion "Sportplatz der offenen Tür" erfreut sich überaus starker Beliebtheit. So konnte im Rahmen des kostenlosen Trainingsbetriebes in der Eishalle der Donauparkhalle das zehntausendste Kind begrüßt werden.

3.12.1968: Aus der Sitzung der Stadtplanungskommission

In der Sitzung der Stadtplanungskommission stand unter anderem ein Bericht über den Stand der Vorarbeiten für den U-Bahn-Bau auf der Tagesordnung. Die Kommission nahm den Bericht über die wichtigsten Fragen des U-Bahn-Baues (vorgesehene Trassenführung, Baugrundverhältnisse, Grundwasser, Baumethoden, Tunnelauskleidung, Form der Ausschreibung und wichtigste Ausschreibungsbedingungen, Baustelleneinrichtung, Verkehrsumleitungen, Zeitplan) zustimmend zur Kenntnis.

Am 26. Jänner 1968 wurde vom Gemeinderat der grundsätzliche Beschluss über den Ausbau eines Teiles des Grundnetzes gefasst.

Mit Bescheid vom 9. September 1968 wurde der Stadt Wien die Konzession für die U-Bahn-Linien des engeren Grundnetzes gemäß dem Eisenbahngesetz durch das Bundesministerium für Verkehr und verstaatlichte Unternehmungen als Oberste Behörde für Kraftfahrlinien und Straßenbahnen erteilt.

Die Besprechungen zwischen der Republik Österreich und der Stadt Wien über die Finanzierung des U-Bahn-Baues sind im Gange. Gleichzeitig mit der Planung, beziehungsweise als Grundlage hiefür, wurden folgende Vorarbeiten geleistet: Genaue Vermessung der Straßenzüge und der vorhandenen Einbauten sowie Zustandsfeststellung der in Frage kommenden Häuser, Probebohrungen in der gesamten Trasse, etwa im Abstand von 100 Meter, Auswertung der Bodenproben, Messung der Grundwasserstände, sowie Planung der Trassenführung und der Stationsbauwerke.

Derzeit sind die baulichen Vorarbeiten für Probepumpversuche (beim Opernring und am Neuen Markt) im Gange. Durch die Pumpversuche sollen die Möglichkeiten, Folgen und Kosten einer Grundwasserabsenkung im Zuge der U-Bahn-Bauarbeiten abgeschätzt werden.

Der erste Bauabschnitt des Grundnetzes unter dem Arbeitstitel "Karlsplatz" erstreckt sich im Bereich der Linie U1 von der Paulanergasse bis zum Stephansplatz (ausschließlich der Station Stephansplatz); im Bereich der Linie U2 von der Secession (derzeit Rampe) bis zur Dumbastraße - er beinhaltet auch die neu zu errichtende Haltestelle der Linie U4 (derzeit Stadtbahn) mit den unmittelbar anschließenden Streckenteilen. Als Bauzeit sind etwa vier Jahre vorgesehen.

Um den Anfahrschacht, die erforderlichen technischen Anlagen, das Passagengeschoß und die Haltestelle "Karlsplatz" in offener Bauweise herstellen zu können, muss der Verkehr um den Raum Kärntner Straße von der Friedrichstraße bis zur Treitlstraße umgeleitet worden.

Die Straßenbahngleise werden entsprechend umgelegt; für die Straßenbahnlinien 62, 65 bis 67 und die Lokalbahn Wien-Baden wird eine Schleife (Akademiestraße - Ringseitenfahrbahn - Kärntner Straße) hergestellt werden. Die Versorgungsleitungen müssen entsprechend umgelegt werden.

In den für die Umleitungsstrecken vorgesehenen Straßenzügen werden die Einbauten und die Straßendecken im erforderlichen Ausmaß vor Beginn der Bauarbeiten für den Anfahrschacht instandgesetzt. Die Ausschreibung der Bauarbeiten wird öffentlich erfolgen.

3.12.1968: "Er ist der Größte" - Wiener Schraubengasbehälter wird seiner Bestimmung übergeben

Der größte Schraubengasbehälter Mitteleuropas wird in Wien-Simmering (11. Bezirk) nun seiner Bestimmung übergeben. Die Wiener Stadtwerke-Gaswerke, deren "jüngstes Kind" er ist, werden damit die Kapazität ihres Behälters um 300.000 Kubikmeter erweitern. Der neue "Simmeringer Riese", der für Österreich eine Novität darstellt, wurde in knapp zwei Jahren Bauzeit errichtet. Er übertrifft die bisher gebauten Gasbehälter um 50.000 Kubikmeter.

3.12.1968: Gemeinde Wien gibt halbe Million Schilling für Karlskriche-Instandsetzung

Der Verein der Freunde und Gönner der Wiener Karlskirche erhält für Instandsetzungsarbeiten an der Karlskirche 500.000 Schilling von der Gemeinde Wien.

Seit der Generalrenovierung vor mehr als 60 Jahren sind erhebliche Schäden an der Kirche entstanden. Gleich hohe Beträge werden von der Erzdiözese Wien und vom Bundesdenkmalamt zur Verfügung gestellt. Die Karlskirche gilt als einer der Höhepunkte österreichischer Barockkunst.

4.12.1968: Informationsgespräch über den ersten Bauabschnitt der Wiener U-Bahn

Am 1. Informationsgespräch als Grundlage für die öffentliche Ausschreibung der Bauarbeiten für den ersten Bauabschnitt der U-Bahn nahmen heute 450 in- und ausländische Firmen teil, denen die örtlichen und technischen Gegebenheiten dieses Bauabschnittes erläutert wurden. Die Ausschreibung wird im Februar 1969 erfolgen.

6.12.1968: Zum besseren Hochwasserschutz: Stahlspundwand beim Grundwasserwerk Nußdorf

Der zuständige Ausschuss hat heut die Errichtung einer Stahlspundwand am rechten Donauufer beim Grundwasserwerk Nußdorf genehmigt. Die Baukosten werden mit rund 3,3 Millionen Schilling veranschlagt.

Die rund 200 Meter lange Spundwand ist als eine vorbeugende Abdichtung gedacht, die nachteilige Folgen einer Grundwasserströmung von der Donau zum Donaukanal verhindern soll. Bei hohem Wasserstand in der Donau könnte nämlich das zwischen dem Wasserspiegel im Strom und dem Kanal bestehende Druckgefälle einen Durch des Grundwasserstromes der Donau in den Donaukanal verursachen. Da die Grenze zwischen Kies und Tegel im Bereich des Grundwasserwerkes Nußdorf in 15 bis 22 Meter Tiefe verläuft, müssen die Stahlteile der Spundwand einen Meter tief in den Tegel eingeschlagen werden, um gute Abdichtung zu sichern.

6.12.1968: Stadtschulratspräsident a. D. Dr. Zechner gestorben

Der langjährige Geschäftsführende Präsident des Wiener Stadtschulrates und Abgeordnete zum Nationalrat Hofrat Dr. Leopold Zechner ist heute im 85. Lebensjahr in Wien gestorben.

Dr. Zechner war von 1946 bis 1960 Präsident des Wiener Stadtschulrates und hat sich in der ersten Nachkriegszeit große Verdienste um den Aufbau des Wiener Schulwesens erworben. Zechner war auch einer der "Väter" der Schulreform, die 1962 zustande gekommen ist. 1954 wurde ihm das Bürgerrecht der Stadt Wien verliehen.

Dr. Zechner wird am Hietzinger Friedhof beerdigt.

7.12.1968: UNESCO-Institut kommt nach Wien

Die 15. Generalkonferenz der UNESCO in Paris hat beschlossen, das Internationale Institut für Musik, Tanz und Theater in den audio-visuellen Medien in Wien zu etablieren.

10.12.1968: In Wien: Vollkommene Schonung für Trappenvögel

Die Wiener Landesregierung hat heute einstimmig beschlossen, dass Trapphähne in Wien bis auf weiteres nicht mehr geschossen werden dürfen. Eine ganzjährige Schonung gab es bisher nur für Trapphennen.

Dieser Beschluss geht auf eine Anregung des Institutes für vergleichende Verhaltensforschung der Österreichischen Akademie für Wissenschaft zurück. In Österreich nimmt der Bestand an Trappen durch verschiedene Einflüsse, vor allem aber wegen der fortschreitenden Einengung des für diese Wildart erforderlichen großflächigen Lebensraumes immer mehr ab. In Wien kommen Trappen nur mehr fallweise als Wechselwild vor.

10.12.1968: Überreichung der Bürgerurkunden an Glaserer und Sigmund

Bürgermeister Bruno Marek überreichte heute an den ehemaligen Stadtrat für Wohnungswesen, Franz Glaserer, und an den ehemaligen Stadtrat für Allgemeine Verwaltungsangelegenheiten, Rudolf Sigmund, die Urkunden über die Ernennung zu Bürgern der Stadt Wien.

12.12.1968: Aus dem Wiener Landtag

Im heutigen Wiener Landtag stand ein Antrag auf Abänderung der Gemeindewahlordnung der Stadt Wien auf der Tagesordnung und wurde ausführlich debattiert. Wichtigste Änderung: die Herabsetzung des aktiven und passiven Wahlalters um ein Jahr auf 19 Jahre. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

12.12.1968: Aus dem Wiener Gemeinderat

In der heute beginnenden Budgetdebatte im Wiener Rathaus, standen unter anderem folgende Punkte auf der Tagesordnung:

U-Bahn-Bau: Finanzstadtrat Slavik berichtete über die gestern stattgefundenen entscheidenden Gespräche mit Finanzminister Dr. Koren über die Aufteilung der finanziellen Lasten beim U-Bahn-Bau zwischen Stadt Wien und dem Bund. Slavik führte dazu wörtlich aus: "... Der Vorschlag, den wir gestern vereinbart haben, sieht vor, dass der Bund vier Jahre hindurch je 150 Millionen Schilling beiträgt. Vier weitere Jahre hindurch wird er je 200 Millionen Schilling und in den darauf folgenden vier Jahren je 250 Millionen Schilling bezahlen. Das ergibt eine Gesamtsumme von 2,4 Milliarden Schilling."

13.12.1968: Prof. Dr. Walter Birkmayer: Ehrenmitglied der Französischen Neurologischen Gesellschaft

Prof. Dr. Walter Birkmayer wurde als bisher einziger Österreicher zum Ehrenmitglied der Französischen Neurologischen Gesellschaft ernannt. Die Neurologische Gesellschaft ist die einzige ihrer Art in Frankreich und zählte den Lehrer von Prof. Dr. Sigmund Freud, Prof. Dr. Charcot, bereits zu ihren Mitgliedern. Prof. Birkmayer, Chef der "Modellstation für Chronisch Erkrankte" im Krankenhaus der Stadt Wien-Lainz gelang es, als Ursache der Parkinson'schen Erkrankung und des Veitstanzes eine biochemische Störung des Körperhaushaltes zu erforschen.

16.12.1968: Zum U-Bahn-Bau:

Mit heutigem Tage startet die Rathaus-Korrespondenz einen Sonderdienst zum U-Bahn-Bau. Er soll den über den bisherigen Bezieherkreis hinaus auch alle speziellen Verkehrszeitschriften in ganz Österreich und den Nachbarländern erreichen. Auch alle Institutionen und Vereinigungen, die sich mit Verkehrsfragen beschäftigen, sollen erfasst und mit täglichen Informationen versorgt werden.

17.12.1968: Ehrenbürgerwürde für Kardinal König

Als erster geistlicher Würdenträger in der langen Reihe der Ehrenbürger der Stadt Wien wurde heute der Erzbischof von Wien, Kardinal Dr. Franz König, mit der Ehrenbürgerwürde bedacht. Bei der Überreichung betonte Bürgermeister Marek besonders das Verdienst des Kardinals zur Anbahnung internationaler Gespräche und zur Auflockerung der allgemeinen politischen und religiösen Situation.

20.12.1968: Jetzt die gesamte Stadtbahn mit Fahrscheinentwertern

In allen Stadtbahnstationen sind ab heute "eiserne Schaffner" in Betrieb. Nachdem seit April dieses Jahres auf der Wientallinie die Bahnsteigsperren mit Fahrscheinentwertern ausgerüstet wurden und später die Donaukanal-Stadtbahnstationen, hat diese Rationalisierungsetappe nun mit den Einbauarbeiten auf dem Gürtelsektor ihr Ende gefunden. Nun sind alle Stadtbahnstationen zwischen Hütteldorf und Heiligenstadt mit Entwertern ausgestattet.

20.12.1968: Aus dem Wiener Gemeinderat:

Der Wiener Gemeinde hat heute beschlossen, dass sich Wien um eine zweite WIG bewirbt, nämlich um die Internationale Gartenschau im Jahr 1974. Vorgesehen dafür ist das Naturschutzgebiet Oberlaa am Fuße des Laaer Berges. Es wurde ein internationaler Ideen-Wettbewerb an den Magistrat in Auftrag gegeben.

20.12.1968: Empfang für Wiener Olympiateilnehmer

Bürgermeister Marek empfing heute im Beisein vieler Ehrengäste die erfolgreichen Wiener Teilnehmer bei den Olympischen Sommerspielen Mexico-City 1968, unter anderen die Sportler:

Paddler Gerhard Seibold, der im Teamwork mit seinem Sportkameraden Pfaff den dritten Platz belegte; Fechter Herbert Polzhuber, die Schwimmerin Fillipovics, den Gewichtheber Kurt Pittner, die Turmspringerin Ingeborg Pertmayr sowie den Speerwerfer Walter Pektor, die sich alle unter den zehn Besten dieser Weltspiele placieren konnten.

20.12.1968: Großes Goldened Ehrenzeichen für Stadtbaudirektor Koller

Stadtbaudirektor Professor Dipl.-Ing. Dr. Rudolf Koller erhielt heute von Bürgermeister Marek das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien überreicht.

In seiner Ansprache würdigte Marek die großen Verdienste von Stadtbaudirektor Koller, der alle Studien mit Auszeichnung abgeschlossen hat und er erwähnte auch die Mitwirkung Kollers bei der Erbauung der Großglockner Hochalpenstraße, bei der Errichtung der Höhenstraße und bei den Planungen für die Fußgängerpassagen. Marek sprach auch über die Tätigkeit Kollers als Honorarprofessor an der Wiener Technischen Hochschule, wo der Stadtbaudirektor als einer der ersten Europäer Vorlesungen zum Thema Straßenverkehrstechnik hält.

23.12.1968: Linie U1: Berechnung und Bemessung der Tunnelauskleidung

Zur Durchführung der statistischen und konstruktiven Arbeiten zur Berechnung und Bemessung der Tunnelauskleidung für die in geschlossener Bauweise geplanten Abschnitte der U-Bahn-Linie U1 hat der Wiener Gemeinderat 1,250.000 Schilling genehmigt. Diese Arbeiten wurden an Zivilingenieur Dr. Ing. Schickl vergeben. Wesentliche Teile der U1 - es handelt sich um den Nord-Süd-Durchmesser - nämlich der Streckenabschnitt zwischen Nestroyplatz in der Praterstraße werden in geschlossener Bauweise ausgeführt.

23.12.1968: Der Kampf gegen den Baulärm beginnt

Mit Beginn des Jahres 1969 werden vom Magistrat Wien die ersten konkreten Maßnahmen gesetzt, die auf eine Verminderung des Baulärms abzielen: Die Magistratsabteilungen 24 (Wohnbau), und 29 (Brücken- und Wasserbau) werden in die Ausschreibungen für städtische Bauvorhaben Maßnahmen zur Verminderung des Baulärms aufnehmen.

Wenn also mehrere Anbote zu einer Ausschreibung vorliegen, die preislich und technisch gleich zu beurteilen sind, so wird seitens der Stadt Wien jener Bieter bevorzugt werden, der in seinem Anbot bekanntgibt, welche wirksamen Maßnahmen er gegen den vermeidbaren Baulärm zu treffen beabsichtigt.

Es kommen hier in erster Linie zweierlei Möglichkeiten in Betracht: Das eine ist die Verwendung lärmarmer Maschinen und Geräte, das andere die entsprechende Einrichtung der Baustellen zur möglichst geringen Belästigung der Nachbarschaft.

Lärmerzeugende Teile von Baustellen sollen entsprechenden Abstand von Schulen, Spitälern und Wohnhäusern einhalten oder notfalls mit "Einhäusungen" versehen werden.

30.12.1968: Volkstheaterdirektor Leon Epp zu Grabe getragen

Der vor einigen Tagen plötzlich verstorbene Volkstheaterdirektor, Prof. Leon Epp, wurde heute auf dem Wiener Zentralfriedhof unter großer Anteilnahme zu Grabe getragen. Die Traueransprache hielt Bürgermeister Marek, der vor allem Epps Mut, seine Kompromisslosigkeit und seine ständige Konfrontation mit der rauen Wirklichkeit betonte.

(Prof. Epp starb am 21.12.1968 in Eisenstadt, Burgenland. Er war von 1952 bis 1968 Direktor des Wiener Volkstheaters. Im Jahre 1954 initiierte Epp die Aktion "Volkstheater in den Außenbezirken. Epp war Träger der Josef-Kainz-Medaille./Red.)