Historischer Rückblick aus dem Jahr 1972

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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Jänner 1972

Jänner

3.1.1972: 1971 war für die Rettung ein schwieriges Jahr

Der Überblick über die Einsätze der Wiener Rettung ergibt - verglichen mit dem Jahr 1970 - eine gewaltige Steigerung: den 37.770 Ausfahrten im Jahr 1970 stehen 41.573 im abgelaufenen Jahr gegenüber. Im Jahr 1971 hatte die Sanität 71.266 Fahrten gegenüber 70.402 im Jahr 1970 zu absolvieren. Als Erklärung für die hohe und ständige Zunahme sehen die Experten in einer Häufung von Verkehrsunfällen und in der zunehmenden Inanspruchnahme der Rettung bei internen Tabellen (lebensbedrohliche Zustände bei Herzinfarkten).

3.1.1972: Die "cosa rara" in der Wiener Kammeroper

Die Wiener Kammeroper bringt als Rekonstruierung aus der in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek befindlichen Partitur das zu Mozarts Zeiten berühmte Singspiel "una cosa rara" des spanischen Komponisten Vicente Martin y Soler. Mozart übernahm absichtlich in seinem "Giovanni" im 2. Finale, neben Musikstücken aus seinem eigenen "Figaro" auch solche aus der "cosa rara". Das beweist auch, wie populär das Singspiel in dieser Zeit war. Im deutschen musikalischen Sprachraum wurde die "cosa rara" seit rund 200 Jahren nicht mehr gespielt. Wie bedeutend diese Komposition war, zeigt, dass Lorenzo da Ponte das Textbuch dazu verfasste. Vor zwei Jahren wurde das Werk im Gran Teatro del liceo in Barcelona in italienischer Sprache mit großem Erfolg aufgeführt. Die Wiener Kammeroper bringt es in deutscher Sprache.

4.1.1972: Fremdenverkehrswerbung: Wien-Prospekt in Sidney preisgekrönt

Vor kurzem tagte in Sidney die Jahresversammlung des Weltverbandes der Reisebüros. Dazu wird alljährlich ein Wettbewerb der amerikanischen Fachzeitschrift "popular photography" abgehalten, bei dem die beste Verwendung der Fotografie in der Fremdenverkehrswerbung preisgekrönt wird.

Den Preis für 1971 erhielt der Fremdenverkehrsverband für Wien. Das preisgekrönte Werk ist ein 20seitiger Farbprospekt über Wien, der in einer Auflage von 10.000 Stück für die Auslandswerbung hergestellt wurde. Der Prospekt wurde in deutscher, englischer und französischer Sprache gedruckt.

Professor Walter Minarz, der Generalsekretär des Fremdenverkehrsverbandes für Wien, nahm in Sidney den Preis entgegen: eine Marmortafel mit Gravierung.

Die Bilder in dem Prospekt stammen von den Fotografen Helmut Partaj, Kurt Polke, Otto Simoner (alle Wien), Dr. Johannes Zachs (Eisenstadt) und Toby Rankin (USA).

5.12.1971: 900 Jahre Nussdorf

Dem 900jährigen Bestand des ehemaligen Weinhauerortes Nussdorf ist eine Sonderausstellung gewidmet, die in der Villa Wertheimstein zu sehen ist.

Mit einer Vielfalt von Exponaten wird die mitunter sehr wechselvolle Geschichte und die kulturelle und industrielle Entwicklung dieses Dorfes bis zum Bezirksteil aufgezeigt. Neben zahlreichen Originalurkunden, Aquarellen und Fotos sind unter anderem auch zwei Dioramen, das Modell eines Bierwagens der Nussdorfer Brauerei sowie verschiedene Erinnerungsstücke an die "alte Zahnradbahn" - sie fuhr von Nussdorf über Grinzing und das Krapfenwaldl auf den Kahlenberg - zu sehen.

5.1.1972: 65. Geburtstag von Josef Holaubek

Heute vollendet Polizeipräsident Josef Holaubek das 65. Lebensjahr.

Holaubek wurde in Wien geboren, erlernte das Tischlerhandwerk und war Hörer, später auch Vortragender am Pädagogischen Institut der Stadt Wien. Seine Freizeit widmete er der Bewegung der "Roten Falken" und fand hier die Möglichkeit, seine Talente für Organisation und Menschenführung zu entfalten. Später trat Holaubek in den Dienst der Wiener Berufsfeuerwehr (1928 bis 1934). In den Jahren 1934 bis 1945 musste er wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungen erleiden und war mehrmals inhaftiert. 1945 wurde er vorerst zum Feuerwehrkommandanten und im Herbst dieses Jahres zum Branddirektor von Wien bestellt. Holaubek ging daran, mit den in Wien zurückgebliebenen Feuerwehrmännern und Offizieren und einigen alten Geräten, die städtische Feuerwehr wieder aufzubauen. Seine Verdienste um die Rückholung von den in den Westen verschleppten Feuerwehrgeräten wurde vom damaligen Bürgermeister Körner gewürdigt. Aufgrund eines einstimmigen Beschlusses der Österreichischen Bundesregierung übernahm Holaubek am 3. September 1947 das Amt des Polizeipräsidenten und Sicherheitsdirektors von Wien.

5.1.1972: Erdbeben in Wien - keine Schäden

Das Erdbeben, das heute kurz vor sechs Uhr früh von vielen Personen verspürt wurde, richtete in Wien keinen Schaden an. Nach Auskunft der Zentralanstalt für Meteorologie lag das Epizentrum des Bebens im Raum Wiener Neustadt. Das Erdbeben erreichte in diesem Gebiet die Stärke 6 nach der 12-teiligen Skala. In Wien wurde Grad 4 registriert.

7.1.1972: Faistauer-Fresko: Beginn der Abnahme-Arbeiten

Im Lederer-Schlössel im 14. Bezirk hat der akademische Maler und Restaurator Josef Fastl die Restaurierung des Faistauer-Deckfreskos "Das Fest nach der Jagd" vollendet und begann mit der Sicherungs-Überklebung, dem ersten Schritt zur Abnahme des Werkes. Das Gebäude selbst - es steht im Eigentum der Gemeinde Wien - kann leider wegen zu hoher Kosten nicht mehr instandgesetzt werden. Das Fresko entstand im Jahre 1929.

Mit drei Schichten Gaze wird das Faistauer-Fresko überklebt. Danach wird eine tischartige Platte von unten an das Deckengemälde gepresst. Von der Zwischendecke aus wird das Fresko schließlich gelöst und mit der Platte zu Boden gelassen.

Josef Fastl begann nun mit den Überklebungsarbeiten. Bis zur endgültigen Ablösung des Freskos vom Plafond der Halle im Lederer-Schlössel wird noch ungefähr eine Woche vergehen.

Das Fresco wird anschließend der Stadt Salzburg zur Verfügung gestellt werden, mit der Anton Faistauer besonders innig verbunden war: er schuf die Fresken im Kleinen Festspielhaus.

11.1.1972: Wien bekommt ein Weinbaumuseum

Im Nonnenstöckel in der Wertheimstein-Villa im 19. Bezirk entsteht gegenwärtig ein Wiener Weinbaumuseum. Die Sammlung wird sowohl "zu ebener erd" als auch in den großräumigen Kellergeschoßen der Villa untergebracht sein. Gezeigt werden verschiedene Gerätschaften des Weinbaues, alte Weinhauertrachten und Gegenstände des Brauchtums. Den Mittelpunkt des Museums wird eine riesige Weinpresse aus dem Jahr 1806 bilden.

12.1.1972: Schwedischer Außenminister im Rathaus

Im Wiener Rathaus wurde heute Schwedens Außenminister, Krister Wickman, von Vizebürgermeisterin Gertrude Fröhlich-Sandner empfangen. Wickman betonte die enge Verbindung zwischen Stockholm und Wien. Er trug sich in das Goldene Buch der Stadt Wien ein.

15.1.1972: Ein Stück Wiener Medizinische Schule: Zwölf Dozenten gründeten vor 100 Jahren die Poliklinik

Dem Zweck, kostenlos zu lehren, zu lernen und zu heilen war die Gründung des Vereins "Wiener Allgemeine Poliklinik" gewidmet, die im Dezember 1871 von 12 Privatdozenten der Wiener Universität beschlossen wurde. Wenig später, nämlich im Jänner 1872, nahmen in verschiedenen Wiener Privathäusern die Ambulanzen des Vereins Poliklinik ihren Betrieb auf. Die Dozenten - einer von ihnen war übrigens der Vater von Arthur Schnitzler - verrichteten ihre Arbeit kostenlos, ja sie finanzierten in den Anfangszeiten den Betrieb aus eigenen Mitteln. Am 18. Jänner 1872 bescheinigte ein Dekret des Unterrichtsministers, dass die in der Poliklinik gehaltenen Vorlesungen den Studierenden angerechnet würden.

Mit Hilfe großzügiger Mäzene, an deren Spitze die Fürstin Metternich stand, gelang es im Jahr 1892, in der Mariannengasse eine eigene Anstalt zu errichten. In ihr fanden nicht nur die Ambulanzbetriebe der Poliklinik ein neues Domizil, sondern auch spitalsbedürftige Patienten stationären Aufenthalt.

Die wissenschaftliche Arbeit an der Wiener Poliklinik wurde immer berühmter, die Polikliniker immer häufiger von der Lehranstalt weggeholt und mit Lehrkanzeln an in- und ausländischen Universitäten betraut. Im Jahr 1912 erhielt das Haus in der Mariannengasse einen großen Hörsaal.

Durch den Ersten Weltkrieg geriet die Klinik in große finanzielle Schwierigkeiten. Hier sprangen nun Präsident Karl Seitz und der damalige Wiener Bürgermeister, Jakob Reumann, ein und schufen Überbrückungshilfen aus Auslandsspenden. Ein zweiter Wiener Bürgermeister kam der Poliklinik - sie war in der Zwischenzeit in den Besitz der Gemeinde Wien übergegangen - zu Hilfe: die nach einem Bombenangriff noch übriggebliebenen Bauteile ließ Vizebürgermeister Speisen zwischen den Jahren 1945 - 1950 adaptieren. Unter Vizebürgermeister Slavik schließlich wurden die Mittel zur Verfügung gestellt, um die dringend benötigte Pathologie neu aufzubauen. Ende 1969 wurde sie eröffnet.

18.1.1972: Konstituierung des Zuwanderer-Fonds für Wien

Im Wiener Rathaus fand in Anwesenheit von Bürgermeister Slavik und unter dem Vorsitz von Wohlfahrtsstadträtin Maria Jacobi die Konstituierung des "Fonds zur Beratung und Betreuung von Zuwanderern nach Wien" statt.

19.1.1972: Bürgermeister von Warschau in Wien

Der Bürgermeister von Warschau (Vorsitzender des Präsidiums des Volksrates), Jerzy Majewski, wurde heute im Wiener Rathaus von Bürgermeister Slavik empfangen. Majewski trug sich in das Goldene Buch der Stadt Wien ein.

21.1.1972: 100. Todestag Grillparzers: Grab und Denkmal: Kränze - Große Feier im Wiener Burgtheater

Vor hundert Jahren, am 21. Jänner 1872, starb Franz Grillparzer, im bürgerlichen Leben Direktor des Hofkammerarchivs, Mitglied des Herrenhauses und Ehrenbürger von Wien. Der große österreichische Dichter wird Mittelpunkt zahlreicher Gedenkfeiern sein.

So erfolgen an seinem heutigen Todestag Kranzniederlegungen am Grillparzer-Denkmal im Volksgarten sowie am Grabe Gillparzers auf dem Hietzinger Friedhof durch Vertreter der Stadt Wien.

Im Wiener Burgtheater findet eine Festveranstaltung mit einer Laudatio von Direktor Gerhard Klingenberg statt, anschließend erfolgt die Eröffnung einer Grillparzer-Ausstellung im Pausenfoyer des Burgtheaters mit Ansprachen von Bürgermeister Felix Slavik und Bundesminister Dr. Fred Sinowatz.

Die Gedenkveranstaltungen schließen mit einer geschlossenen Vorstellung für die Wiener Schuljugend von "Weh dem, der lügt".

21.1.1972: Schneealpenstollen wird dichtgemacht

Injektionsarbeiten zum Abdichten des Schneealpenstollens Nord mit Kosten von 4,5 Millionen Schilling wurden heute vergeben. Diese Abdichtungsarbeiten sind eine wesentliche Voraussetzung für die uneingeschränkte Nutzung des Ableitungskonsenses im Rahmen des Projektes "Fassung und Einleitung der Sieben Quellen in die Erste Wiener Hochquellen-Wasserleitung", bei der Aufstauung der Bergwässer gehen bisher durch verschiedene Undichtheiten bis zu 150 Liter/Sekunde verloren. Die vorgesehenen Zementinjektionen im Gebirgsmassiv, das an die Stollenröhre angrenzt, werden in den Wintermonaten durchgeführt, es wird gleichsam ein dichter Betonkranz um die bestehende Stollenröhre gebildet.

24.1.1972: Grünes Licht für Bau eines neuen Stadtviertels

In Floridsdorf, südlich der Mitterhofergasse, soll in nächster Zeit mit dem Bau eines neuen Stadtviertels begonnen werden. Der Kauf von Grundstücken im Gesamtausmaß von rund 8.000 Quadratmeter - sie lagen genau in der Mitte des für die Wohnsiedlung vorgesehenen Areals - schuf nun die Voraussetzungen für die Realisierung des Projekts.

26.1.1972: Wiener Speziallabor zur Krebs-Früherkennung

Mehr als sechs Millionen Schilling kostete das an der 2. Universitäts-Frauenklinik (Prof. H. Husslein) eingerichtete neue zytodiagnostische und zytogenetische Labor. Zu dieser Laborgruppe gehören auch ein chemisches und ein physikalisches Labor.

Das zytodiagnostische Labor dient der frühzeitigen Erkennung des Karzinoms am Gebärmutterhals. Das zytogenetische Labor dient der Erforschung und Analyse der Erbmerkmalträger der Chromosomen.

26.1.1972: Antrittsbesuch des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes

Dr. Franz Pallin, seit 1. Jänner 1972 Präsident des Obersten Gerichtshofes, stattete heute Bürgermeister Slavik im Wiener Rathaus seinen Antrittsbesuch ab.

28.1.1972: Aus dem Wiener Landtag

Sehr ausführlich behandelte der Wiener Landtag heute den Gesetzesentwurf über die Einführung eines Kulturschillings, der dann mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP angenommen wurde.

28.1.1972: Aus dem Wiener Gemeinderat

Im heutigen Wiener Gemeinderat wurde der Beitritt Wiens zu der Stiftung "Österreichisches Institut für Schul- und Sportstättenbau" per 1. Jänner 1972 beschlossen. Mit diesem Beitritt werde auch der UNESCO-Empfehlung, einen Sportstättenplan zu erstellen, nachgekommen. In das Stiftungskuratorium wird als Vertreter Wiens der jeweilige politische Sportreferent und als Stellvertreter der Leiter des Sportreferats entsandt.

Einstimmig angenommen wurde der Antrag auf Errichtung eines Wiener Altstadterhaltungsfonds.

Weiterer Tagesordnungspunkt: Einführung eines 2. Säuglingswäschepakets: ab dem 1. März an kann jede Wiener Mutter, die ihr zweites oder ein weiteres Kind zur Welt bringt, zwischen dem "normalen" Säuglingswäschepaket und einem "Zweitpaket" wählen, das in einer Ausstattung für Kleinkinder besteht.

29.1.1972: Österreichische Folkore in der Stadthalle

Wiens kulturelles Sommerprogramm wird um eine Nuance bereichert: Die Stadthalle will in den Monaten Juli und August eine Folklore-Show auf die Beine stellen. Zu diesem Zweck soll in der großen Halle ein Folkoretheater errichtet werden. Fassungsraum: 1.500 Plätze. Der bekannte Pantomime Samy Molcho wird die Choreographie und künstlerische Leitung dieser Schau übernehmen. Von Molcho ging auch die Anregung aus, einen Versuch dieser Art zu unternehmen.

Samy Molcho, seit Wochen auf Talentsuche in ganz Österreich, will aber auch echte Show-Profis verwenden und dadurch traditionelle Folklore durch Showelemente lebendiger machen. Es ist daran gedacht, eine Tanzgruppe von rund dreißig Mädchen und Burschen als fixen Bestandteil der Show zusammenzustellen.