Historischer Rückblick aus dem Jahr 1977

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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Februar 1977

Februar

1.2.1977: Das Haydn-Haus wird nach Originalplänen restauriert

Auf dem Mariahilferberg im heutigen 6. Bezirk hat Joseph Haydn von 1793 bis zu seinem Tod im Jahr 1809 ein Haus bewohnt, das nach Bauweise und Ausstattung als ansehnliches Bürgerhaus gelten kann. Im Auftrag des Kulturamtes der Stadt Wien wird das Haydn-Haus seit 1975 nach Originalplänen, die erhalten blieben, von der Magistratsabteilung 26 restauriert. Um das Haus so zu gestalten, wie es zur Zeit Haydns ausgesehen hat, werden etwa 4,2 Millionen Schilling erforderlich sein.

Das Haydn-Haus, im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts vom Baumeister Johann Michael Adelpodinger errichtet, hatte die ursprüngliche Adresse Obere Windmühl 71, Kleine Steingasse. Im Jahr 1795 erhielt es die Hausnummer 73, bei der nächsten Umnummerierung 1821/22 die Nummer 84, die bis 1862 beibehalten wurde. Als mit der Einführung der Orientierungsnummern auch der Name der Gasse geändert wurde, erhielt das Gebäude die noch heute bestehende Anschrift Haydngasse 19.

Das Haus wurde 1793 von der Gattin Haydns gekauft, als sich der Komponist in England aufhielt. Um es zu vergrößern, erfolgte 1794/95 eine Aufstockung. Haydn bezog das Haus im Herbst 1795, zugleich mit seinem Diener Johann Elssler, der auch sein Notenkopist war.

Dank solider Vermögensverhältnisse konnte sich Haydn als einziger österreichischer Musikhero eine eigene Kutsche, einen Kutscher und eigene Pferde leisten. Stall und Futterkammer waren im linken Trakt des Erdgeschosses untergebracht, die Räume im ersten Stock bestanden aus drei straßenseitigen Zimmern, die als Empfangs- und Repräsentationsräume eingerichtet waren. Hier fanden auch die musikalischen Abende statt. Haydn selbst bewohnte die Räume des nördlichen (rechten) Hoftrakts, weil sie sonnseitig lagen.

Die Räumlichkeiten im ersten Stock waren nicht nur über das Stiegenhaus, sondern vom Hof aus auch über einen Pawlatschengang erreichbar. Diesen Weg benutzte der Diener, wenn die Kachelöfen in den Repräsentationsräumen beheizt werden mussten. Die Öfen konnten vom Gang aus mit Brennmaterial beschickt werden.

Nach Haydns Tod wurde das Haus in den Jahren 1820 und 1850 baulich verändert. 1820 stockte der Baumeister Johann Preschnofsky den reichten hofseitigen Anbau auf, 1850 wurden die Hofanbauten an beiden Seiten räumlich erweitert. 1840 hatte das Gebäude den Hausnamen "Zum Haydn" erhalten. Eine Lithographie aus dieser Zeit zeigt die harmonische, schöngegliederte Fassade. Alle Fenster besitzen steinerne Umrahmungen, die untere Fensterreihe ist durch schmiedeeiserne Gitter gesichert.

Vor Beginn der Renovierungsarbeiten konnten nach Abschlagen des Verputzes die verschiedenen Bauphasen eindeutig ermittelt werden. Der Hof wurde einen halben Meter tief abgegraben, wodurch das alte Niveau erreicht war. Anschließend trug man das Dach ab, um dem Dachstuhl die ursprüngliche Form zu geben. Bei der Wiedereindeckung wurden alte Dachziegel, sogenannte "Wiener Taschen" verwendet, die von Hausabbrüchen stammten. Aufgrund der Originalpläne konnten auch die hofseitige Dachgaupe - ein vorspringendes Fenster in der Dachschräge - und eine Kamingruppe stilecht wiederhergestellt werden.

Als Steinpflaster werden Kehlheimer Platten verlegt, die Zimmer erhalten die ursprünglichen Bohlenböden. Da auf dem Dachboden alte Türflügel gefunden wurden, können auch die Innen- und Außentüren so gestaltet werden, wie sie zu Lebzeiten Haydns ausgesehen haben.

2.2.1977: Gesundheitsbehördliche Genehmigung für Auflassung des Karolinen-Kinderspitals

Die Wiener Landesregierung erteilte heute die gesundheitsbehördliche Genehmigung für die Auflassung des Karolinen-Kinderspitals. Stadtrat Univ.-Prof. Dr. Alois Stacher verwies auf die geringe Auslastung des Spitals und den schlechten Bauzustand, der Millioneninvestitionen erfordern würde. Im Wilhelminenspital - wohin das Karolinen-Kinderspital abgesiedelt wird - seien überdies bedeutend bessere medizinische Voraussetzungen gegeben.

4.2.1977: Straßenbahntriebwagen übersiedelte ins Wilhelminenspital

Ein Straßenbahntriebwagen der Wiener Verkehrsbetriebe übersiedelte vom Betriebsbahnhof Maroltingergasse in das nahegelegene Wilhelminenspital. Der Triebwagen trat seine "letzte Fahrt" mittels eines Tiefladers an, auf den er mit Hilfe eines Spezialkranes der Wiener Feuerwehr gehievt worden war. Fahrtziel war der sogenannte "Rheuma-Hügel" der 5. Medizinischen Abteilung für Langzeitbehandlung und Rehabilitation (Primarius Dr. Franz Gruber). Die 5. Medizinische Abteilung ist eine sogenannte Modellstation. Sie ist die erste Abteilung in einem städtischen Spital, deren ausschließliche Aufgabe die Langzeittherapie und Rehabilitation ist. Außer der stationären Behandlung gibt es eine Ambulanz mit den Schwerpunkten Stoffwechsel, Rheuma, Onkologie, Kardiologie und Psychosomatik. Für die Rehabilitation von Gelenks- und Herzerkrankungen steht außerdem ein eigener Fitparcour zur Verfügung. Laut Primarius Gruber wird der Straßenbahntriebwagen ebenfalls in die Rehabilitationstherapie einbezogen werden. Einerseits werden die Patienten das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel üben, andererseits soll der Triebwagen für psychosomatische Gruppentherapie Verwendung finden.

5.2.1977: Flächenwidmungen: Karl Marx-Hof wurde Baudenkmal

Um den Karl Marx-Hof als städtebauliches Ensemble in seiner ursprünglichen Form zu erhalten, wurde das Areal des Gebäudes zwischen Heiligenstädter Straße - Grinzinger Straße - Boschstraße und Geistingergasse im 19. Bezirk zur Schutzzone umgewidmet.

Der Karl Marx-Hof wurde unmittelbar nach 1927 errichtet und ist neben der Wohnhausanlage Sandleiten der größte Kommunalwohnbau aus dieser Bauperiode. Mit seinen gärtnerisch ausgestalteten Innenhöfen, den für damalige Bedürfnisse gut ausgestatteten Wohnungen und der architektonisch ästhetischen Detailstrukturierung stellte er einen wesentlichen Fortschritt des kommunalen Wohnbaus dar und soll als Baudenkmal erhalten bleiben.

8.2.1977: Städtisches Lager- und Kühlhaus: Leistungssteigerung im Jahre 1976

Der Geschäftsbericht des städtischen Lager- und Kühlhauses zeigt für 1976 eine weitere Leistungssteigerung. 1976 wurden 285.456 Tonnen Waren ein- oder ausgelagert oder umgeschlagen (1975: 275.973 Tonnen). Bei den Einlagerungen setzt sich der Trend zu höherwertigen, hauptsächlich technischen Geräten, fort. Beim Umschlag - das ist die Verladung vom Schiff auf andere Transportmittel - ist die Steigerung vor allem auf einen höheren Umschlag bei Papier, Pappe, Daplen und Schnittholz zurückzuführen. Die im Donau-See-Verkehr transportierte Warenpalette hat sich im letzten Jahr wesentlich erweitert. Erstmals scheinen Güter wie Farben und Lacke, Teppiche, Porzellan, Betten, Besen und Bürsten und sogar Tabakdosen auf.

9.2.1977: Wie soll die Wiener City ausschauen? Enquete über Fußgängerzonen "Innere Stadt"

Wesentliche Vorentscheidungen für die Ausgestaltung der Fußgängerzonen in der City werden noch in diesem Monat fallen: Im Wiener Rathaus findet unter Vorsitz von Bürgermeister Leopold Gratz eine Enquete über den Fußgängerbereich Innere Stadt, der den Kohlmarkt, den Graben und den Stephansplatz umfasst, statt. Die Architektenteams werden ihre Projekte, die auf Initiative von Planungsstadtrat Univ.-Prof. Dr. Rudolf Wurzer öffentlich ausgestellt waren, nochmals kurz erläutern. Im Anschluss daran haben die Teilnehmer die Möglichkeit, ihre Wünsche und Meinungen zu äußern.

9.2.1977: Gratz: Gratis-Notruf soll kommen

Nach längerem Gespräch mit der Post- und Telegrafenverwaltung konnte die Möglichkeit, in öffentlichen Telefonzellen den Notruf gratis zu benützen, positiv geklärt werden, teilte heute Bürgermeister Gratz mit.

Die Ausstattung einer Telefonzelle mit dem Gratis-Notruf wird rund 30.000 Schilling kosten.

10.2.1977: Neuer Direktor der Badner Bahn

Der bisherige Prokurist Rudolf Sima wurde heute in sein neues Amt als Vorstandsdirektor der Aktiengesellschaft der Wiener Lokalbahnen eingeführt. Er tritt damit die Nachfolge von Dipl.-Ing. Edmund Hübner an, der den Wiener Lokalbahnen seit 1946 - und seit 1957 als Direktor - angehörte und nunmehr in Pension geht.

11.2.1977: Der Mikrofilm - ein Hilfsmittel in der modernen Stadtverwaltung

Der Mikrofilm hat als rationelles Organisationsmittel im Rahmen der Wiener Stadtverwaltung immer größere Bedeutung erlangt. Gegenüber den herkömmlichen Methoden der Archivierung wie Lichtpausen und Aktenanlagen bringt der Einsatz des Mikrofilms folgende wesentliche Vorteile:

Raumersparnis, größere Sicherheit gegen Verlust und Beschädigung, rasche Information, Arbeitserleichterung und bessere Arbeitsbedingungen, Ausschaltung von Fälschungen sowie Vollständigkeit und Übersichtlichkeit in der Archivierung.

Nahezu unentbehrlich wurde der Einsatz des Mikrofilms in der Wiener Stadtplanung. Kurzfristig und in äußerst wirtschaftlicher Form können Maß-Stabsveränderung an Plänen vorgenommen werden. Nach jeder Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes wird ein entsprechend korrigiertes Stadtkartenblatt verfilmt und dupliziert.

15.2.1977: Die tschechoslowakische Feuerwehr kommt

Erstmals nach dem Kriege besucht derzeit eine tschechoslowakische Feuerwehr-Delegation Österreich: Drei Mitglieder des Feuerwehrverbandes der CSSR Karel Navratil, der stellvertretende Vorsitzende des Zentralausschusses der Feuerwehren aus Prag, Josef Zana, Mitglied des Zentralausschusses Böhmen und Pavel Horvath, Vorsitzender der Kontrollkommission des Zentralausschusses aus der Slowakei besuchen derzeit Wien und wurden im Wiener Rathaus empfangen.

Auf dem Besuchsprogramm der drei tschechoslowakischen Feuerwehrmänner standen neben Informationsgesprächen mit ihren Wiener Berufskollegen auch ein Besuch beim Präsidenten des ctif für vorbeugenden und abwehrenden Brandschutz, dem ehemaligen Wiener Polizeipräsidenten Josef Holaubek.

17.2.1977: Clowns und andere Spaßmacher

Im Österreichischen Zirkus- und Clownmuseum wurde heute die Ausstellung "Clowns und andere Spaßmacher" eröffnet. Gezeigt werden Plakate, Programme aber auch Originalkostüme und Darstellungen berühmter Clowns und Spaßmacher aus den verschiedensten Epochen.

18.2.1977: EDV-Zimmerreservierung in Wien

Wien-Besuchern aus aller Welt wird ab 1. Jänner 1978 ein revolutionierender neuer Service zur Verfügung stehen: Die Bundeshauptstadt führt zu diesem Zeitpunkt ein elektronisches Zimmerreservierungssystem ein. Bei Reisebüros und Fremdenverkehrswerbestellen im In- und Ausland wird es die Möglichkeit geben, sich - ähnlich den Buchungssystemen von Fluggesellschaften - Informationen über freie Hotelzimmer in Wien per Fernschreiber von einem Computer zu beschaffen und auf diesem Wege auch Buchungen vorzunehmen.

Das neue Reservierungssystem wird vom Fremdenverkehrsverband für Wien, der auch die Vorarbeiten dafür leistet, im Rahmen seines Auskunftsdienstes geführt werden. Die mit 2,5 Millionen Schilling veranschlagte Errichtung des Systems wird zur Hälfte von der Stadtverwaltung und der Handelskammer finanziert. Das System wird über einen Computer der Bundeswirtschaftskammer laufen.

19.2.1977: Neue Straßenbenennungen

Mehrere Verkehrsflächen in Wien wurden neu benannt:

Der Fußweg zwischen Pausingergasse 19 und Krafft Ebing-Gasse in Wien 14 wird nach dem bedeutenden Plakatkünstler "Alfons Mucha-Weg" und der zwischen Pausingergasse 31 und Krafft Ebing-Gasse, nach dem berühmten Bildhauer "Siegfried Charoux-Weg" benannt".

Die Sackgasse in Wien 21, die bei der Dr. Skala-Straße 38 abzweigt, wird nach dem Wiener Gemeinderat und Retter der Kunstschätze von Monte Cassino "Julius Schlegel-Gasse" benannt werden.

Der Fußweg zwischen Rudolf Zeller-Gasse und Binagasse in Wien 23, wird nach der Schriftstellerin "Alma König-Weg" benannt.

21.2.1977: Schubert-Film

Am 19. November 1978 jährt sich zum 150. Mal der Todestag von Franz Schubert. Das Kulturamt der Stadt Wien wird aus diesem Anlass einen Dokumentarfilm in Auftrag geben.

Als Produzent, Autor und Regisseur des 90-Minuten-Musikfilms ist Titus Leber vorgesehen, dessen vom Kulturamt geförderter Film "Kindertotenlieder" als einziger österreichischer Film für den "Oscar" nominiert wurde.

22.2.1977: Verabschiedung des Favoritner Bezirksvorstehers Emil Fucik - Neuer Bezirksvorsteher Josef Deutsch angelobt

Nach mehr als zehn Jahren Arbeit für den bevölkerungsmäßig größten Bezirk Wiens tritt der Favoritner Bezirksvorsteher Emil Fucik nun in den Ruhestand. Als sein Nachfolger wurde der bisherige Gemeinderat Josef Deutsch (SPÖ) angelobt.

25.2.1977: Grundsteinlegung für Modegroßhandelszentrum in St. Marx

Die Grundsteinlegung für das geplante Modegroßhandelszentrum in Sankt Marx wurde heute vorgenommen. In einer ersten Ausbaustufe soll auf 36.000 Quadratmeter für ca. 150 Firmen ein Kommunikationszentrum entstehen, das den Vertriebsbedingungen des Jahres 2000 entsprechen soll. Das Modegroßhandelszentrum wird noch im Dezember des heurigen Jahres den Betrieb aufnehmen und für rund 1.500 Personen einen Arbeitsplatz bieten.

Konzept des Modegroßhandelszentrum ist es, rund 80 Prozent der Flächen an österreichische und die restlichen 20 Prozent an ausländische Interessenten zu vergeben.

25.2.1977: Londons Bürgermeister in Wien

Der Lord Mayor (Bürgermeister) von London, Commander Sir Robin Gillett, ist zu einem viertägigen Besuch in Wien eingetroffen. Er wurde von Bürgermeister Leopold Gratz im Wiener Rathaus begrüßt und trug sich in das Goldene Buch der Stadt Wien ein.

25.2.1977: Matzleinsdorfer Platz: Zwei Straßenbahnzüge zusammengestoßen - viele Verletzte

Ein Zusammenstoß zweier Straßenbahnzüge in unterirdischen Kreuzungsbereich des Matzleinsdorfer Platzes forderte heute 22 Verletzte.

Zu dem Unfall kam es, als ein Zug der Linie 18 in Richtung nach Mariahilf aus der Station Matzleinsdorfer Platz ausfuhr und aufgrund einer falschen Weichenstellung entgleiste und gegen einen in der Richtung nach Erdberg fahrenden Zug der Linie 18 stieß, der gleichfalls soeben aus der Station Matzleinsdorfer Platz ausgefahren war.

28.2.1977: Aus dem Wiener Gemeinderat

In der heutigen Sitzung des Wiener Gemeinderates standen unter anderem folgende Punkte auf der Tagesordnung:

Der Antrag für die Wiener Festwochen 1977 eine Subvention von 20,5 Millionen Schilling zu genehmigen, wurde mehrstimmig angenommen. Der Antrag auf Bestellung von Obersenatsrat Dr. Horny, Senatsrat Dr. Kroll und Oberbaurat Dipl.-Ing. Thaller zu Mitgliedern der II. Kurie des Kaiser Franz Josef I. Jubiläumsfonds für Werkstättengebäude und Volkswohnungen für die Funktionsperiode bis 1979 wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.

Einstimmig angenommen wurde der Antrag auf Errichtung von Bezirkshallenbädern in Hietzing, Simmering und Hohe Warte mit einem Gesamtkostenerfordernis von 200 Millionen Schilling.